Leyla: Roman by Feridun Zaimoglu

Leyla: Roman by Feridun Zaimoglu

Autor:Feridun Zaimoglu [Zaimoglu, Feridun]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-25T04:00:00+00:00


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– 17 –

Der Pascha ist ein hochdekorierter Soldat, er hat im Frieden Orden bekommen, und im Koreakrieg stieg er weiter auf, das Lob war ihm trotz der Verluste, trotz des hohen Blutzolls, sicher. Wer sich mit ihm gut stellt, wer ein Freundschaftsverhältnis zum Pascha herstellt, kann nur davon profitieren. Ipek Hanim kennt sich aus, sie versteht es, eine Ware zu preisen. Manolya hat so lange auf mich eingeredet, bis ich mir eingestand: Es ist egal, daß sie die Dirne des Nährvaters ist, wenn es ihr nichts ausmacht, macht es mir auch nichts aus. Meine tausendfach betrogene Mutter weiß um die leichten Mädchen, die ihren Mann locken und für die sie manchmal kochen muß. Sie wünscht, daß ihre Töchter in Patrizierhaushalte einheiraten, ihr ist es nicht vergönnt gewesen, und alles andere darf sie nicht bekümmern. Er macht, was er will, dieser Kerl, der Mann im Galarock und in der Pyjamahose, er lebt sein Leben. Also habe ich nachgegeben und sitze der Dirne gegenüber, deren enger Rock über den Knien endet, eine Ungehörigkeit. Das Rouge auf ihren Oberlidern, ein Hauch von Rot, ihr glänzendes Gesicht, die Bittermandelcreme, der Duft betört Männer und Frauen.

Gefällt dir mein Rock? sagt sie.

Er ist so … französisch, sage ich und zucke zusammen, da sie über meine Worte lachen muß, ich schaue zur Seite und sehe, daß sich auch Manolya vor Lachen krümmt.

Der Rock ist höchstens amerikanisch, sagt Ipek Hanim gut gelaunt, und damit kann man richtige Kunststücke vollbringen.

Was denn für welche? frage ich nach, ich komme mir vor lwie eine Fünftklässlerin, die auf den Zeigestock der Lehrerin starrt.

Hast du je die Beine übereinandergeschlagen?

Nein, sage ich, noch nie.

Dann werde ich dir mal zeigen, wie das geht, sagt sie und stellt die kleine Tulpentasse und den Unterteller auf dem Beistelltisch ab. Dann schlägt sie das rechte Bein über das linke, dabei knistern ihre Nylonstrümpfe, und ich muß kurz die Augen schließen, damit das unangenehme Ohnmachtsgefühl vergeht.

Hast du es gesehen? sagt sie, und wenn ja, was ist dir aufgefallen?

Sie haben Ihre Beine damenhaft angewinkelt, sage ich.

Das tat ich, nachdem ich die Beine übereinandergeschlagen habe … Außerdem, ich bin deine ältere Schwester, deshalb verzichten wir mal lieber auf die höfliche Anrede.

Sie kennt wirklich keine Scham, vielleicht kann sie ihre käufliche Liebe und die Zuneigung zu der Tochter des Käufers auseinanderhalten. Ich zeige genug Bein, um den Appetit anzuregen, sagt sie, aber habt ihr etwa mein Höschen gesehen?

Jetzt steht sogar Manolya der Mund offen, und da sich die Querfurche auf ihrer Stirn zeigt, weiß ich, daß sie fieberhaft überlegt, worauf die Lektion der Salondame hinausläuft.

Ihre Unterwäsche blieb verborgen, sagt sie, das ist das Kunststück?

Gut aufgepaßt, lobt sie Ipek Hanim, merkt es euch. Erstens: Nichts erregt die Männer so sehr wie die Beine einer Frau. Aber damit eine Frau nicht ins Gerede kommt, muß sie genau wissen, was sie herzeigen darf und was nicht. Ein schnell entflammter Mann ist auch schnell ausgeblasen. Zweitens: Laßt bitte das dumme Siezen.

Ich nicke stumm und lächele bei dem Gedanken, daß sie uns kostenlosen Nachhilfeunterricht im Dirnenverhalten gibt, Ipek Hanim versteht meine kleine Schadenfreude als Zustimmung und strahlt mich an.



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